Klimawandel wirkt sich auch auf die Almen aus

Pilotprojekt liefert wichtige Ergebnisse zur Anpassung der Bewirtschaftung von Almweiden. Foto: Siegfried Steinberger

Es wird wärmer in den Bergen. Die längere Vegetationsperiode und die höheren Durchschnittstemperaturen führen zu einer Zunahme des jährlichen Zuwachses an Biomasse – so viel, dass die gesömmerten Nutztiere oft nicht mehr mit dem Fressen nachkommen. In Folge verbuschen bzw. verbrachen Almweiden zusehends.   

Auf Initiative des Maschinenring Salzburgs wurde daher 2015 gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Salzburg, dem Salzburger Alm- und Bergbauernverein und Experten des Landes Salzburg ein von der bayrischen Lehranstalt für Landwirtschaft (LfL) wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt ins Leben gerufen. Ziel des 3jährigen Almweideprojektes war es, durch eine Anpassung der Weideintensität die zunehmende Verbrachung der Weideflächen zu stoppen und die Qualität des Aufwuchses deutlich zu verbessern.

Almbauer und Landwirt Thomas Scharfetter stellte hierfür die Vordergottschallalm in Obertauern als Pilotalm zur Verfügung.  Die Alm liegt auf ca. 1.500 Meter Seehöhe und umfasst 178 Hektar, 40 ha davon sind Futterfläche. Trockenstehende Milchkühe, Jungrinder und Pferde beweiden die Flächen. In den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten hatte sich die Futterfläche der Alm deutlich verringert -Borstgras (Bürstling) und Kleinsträucher (Heidelbeere, Preiselbeere, Besenheide,…) haben sich stark ausgebreitet.

„Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts lässt sich ein rasanter Anstieg der mittleren Jahrestemperatur beobachten. In den Alpen werden die Sommerniederschläge mehr und die Winter trockener und kürzer. Diese Kombination führt dazu, dass die Futtererträge in den Höhenlagen stark zunehmen. Wird die Bewirtschaftung nicht den geänderten Klimabedingungen angepasst, werden viele Almweiden „überständig“. Dadurch werden wertvolle Futtergräser, Kräuter und Blütenpflanzen werden aus den Weiden verdrängt; Beerensträucher, Wacholder, Latschen und Baumanflug breiten sich aus und Futterfläche geht verloren.“ beschreibt Siegfried Steinberger, Weideexperte von der Bayrischen Lehranstalt für Landwirtschaft die Auswirkungen des Klimawandels im Berggebiet.

Das Weideprojekt auf der Vordergottschallalm stützte sich auf das „magische Dreieck der Almbewirtschaftung“. Dieses verlangt neben einem an den früheren Vegetationsbeginn angepassten Auftriebszeitpunkt, höhere Tierzahlen und eine Koppelbeweidung. Denn nur wenn die Weideflächen komplett abgefressen werden, lassen sich Almweiden auch nachhaltig erhalten.

„Erst durch die gelenkte Weideführung erfolgt eine gleichmäßigere Beweidung, auch an weniger attraktiven Plätzen. Das Almgebiet der Vordergottschallalm wurde daher durch ein Weidezaunsystem in 4 Koppeln aufgeteilt. Wenn eine Koppel abgeweidet war, erfolgte der Umtrieb in die nächste Koppel. So konnten während des Almsommers bis zu drei Aufwüchse vollständig genutzt werden.“, so Elisabeth Neureiter vom Maschinenring Salzburg.

Die am 11. September, bei der abschließenden Almbegehung, vorgestellten Ergebnisse aus dem Pilotprojekt zeigen deutlich, dass eine Anpassung der Bewirtschaftung der Almen an den fortschreitenden Klimawandel dringend notwendig ist. Bereits nach drei Jahren Projektlaufzeit und der konsequenten Umsetzung des „magischen Dreiecks der Almbewirtschaftung“ ist auf der Vordergottschallalm eine starke Verbesserung der Weidefläche, ohne Zuwachseinbußen bei den gesömmerten Tieren, ersichtlich. „Überständige“ und unattraktive Weideplätze werden wieder von den Tieren angenommen, Leguminosen und Süßgräser kehren zurück und Zwergsträucher wurden erfolgreich zurückgedrängt.

Almpflege durch Weidewirtschaft – das „magische Dreieck der Almbewirtschaftung“:

  • Der durch die Klimaerwärmung frühere Vegetationsbeginn verlangt einen um 2-3 Wochen früheren Auftrieb.
  • Erhöhung der Stückzahlen: Wärmere Temperaturen sorgen für eine deutliche Erhöhung der gewachsenen Biomasse/ha. Es braucht somit auch mehr Tiere um diese Biomasse abzuweiden.
  • Eine gelenkte Weideführung ist für eine gleichmäßige Beweidung der gesamten Fläche zwingend notwendig.
  • Verbiss und Trittschäden verdrängen unerwünschtem Bewuchs. Kot und Harn sind gleichmäßig auf der Fläche verteilt – dies fördert Süßgräser und Leguminosen und wirkt einer Bodenversauerung entgegen.


Tabelle 1: Daten der Almweidesaisonen auf der Vordergottschallalm von 2016 bis 2018 im Vergleich zur bisherigen Nutzung (Mittelwert der Jahre 2009 -2015). Entnommen aus dem Abschlussbericht des Almprojektes.

 Aufgetriebene GVEMittleres AuftriebsdatumMittleres AbtriebsdatumWeidetage
 Mittelwert 2009 – 2015
2009-20153817.06.11.09.85
20164812.06.10.09.90
Abweichung+ 10– 5– 1+ 5
20175706.06.10.09.95
Abweichung+ 19– 11– 1+ 10
20186728.05.09.09.103
Abweichung+ 29– 21– 2+ 18

 

Tabelle 2: Anhand der den aufgetriebenen Tieren und Altersklassen zugeordneten Futterverzehrsmengen in kg TM/Tag wurde der Trockenmasseertrag in to TM/ha berechnet. Im Vergleich zum Mittelwert von 2009 bis 2015 ergibt sich im Projektjahr 2018 eine Steigerung von 121%. Entnommen aus dem Abschlussbericht des Almprojektes. 

Mittelwert
2009 – 2015
1,14 to TM/ha
Jahrto TM/haAbweichung zu
2009 – 2015 in %
20161,5 to+ 33 %
20171,9 to+ 68 %
20182,5 to+ 121 %
Auch die Rinder auf der Projektalm profitieren durch die gelenkte Weideführung – bis zum Almabtrieb Mitte September steht ihnen ein frischer Aufwuchs zur Verfügung. Foto: Siegfried Steinberger

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