So werden Kalbinnen mit Erfolg zur Milchkuh

Eine gründliche Planung der Jungviehaufzucht für eine wirtschaftliche Milchproduktion ist unerlässlich. Die heranwachsenden Kalbinnen sind die Kühe von morgen. Damit aus dem Kalb eine gute Milchkuh wird, bedarf es einer optimalen Aufzucht. Mit den unterschiedlichen Möglichkeiten in der Aufzuchtphase (Tränkesystem, Fütterungsstrategie, Aufzuchtform) können und müssen die Weichen für die Leistungsbereitschaft der Tiere gestellt werden.

Die Kosten, die bei der Jungviehaufzucht anfallen, müssen durch die spätere Kuh wieder erwirtschaftet werden. Neben der Nutzungsdauer ist das Erstkalbealter (EKA) für die Kosten der Besandesergänzung ausschlaggebend. Beträgt die Nutzungsdauer beispielsweise 2,5 Laktationen, kommt es durchschnittlich alle zweieinhalb Jahre zu einem Wechsel der Kühe. Bleiben die Kühe hingegen 5 Laktationen am Betrieb, werden nur halb so viele Kalbinnen zur Bestandesergänzung benötigt.

Optimales Erstkalbealter

Entscheidend für die erste Besamung sollte nicht das Alter, sondern das optimale Erstbesamungsgewicht sein. Hierzu ist es wichtig einige Zielgewichte zu kennen:

Mit 6 Monaten soll das weibliche Zuchtrind mindestens ein Gewicht von 185 bis 200 kg, je nach Rasse, erreichen. Bei sehr intensiv aufgezogenen Kälbern kann das Gewicht durchaus auch 230 kg betragen. Mit 12 Monaten sollen die Rinder rund 50-55 % des späteren Lebendgewichtes aufweisen. Zum Besamungszeitpunkt sollen milchbetonte Rassen etwa 60% und Zweinutzungsrassen ca. 65 % des späteren Lebendgewichts erreichen. Bei der Abkalbung ist ein Gewicht von knapp 90 % des späteren Lebendgewichtes bei milchbetonten Rassen und Zweinutzungsrassen erforderlich.

Sind die Tiere z. B. mit 12 Monaten leichter als oben angeführt, dann verschiebt sich der optimale Besamungszeitpunkt nach hinten. Sind die Rinder durch eine optimierte Kälberaufzucht schwerer, dann erreichen diese auch früher den idealen Besamungszeitpunkt.

Auswertungen eines Projekts des Arbeitskreises Milchproduktion Salzburg

Ziel des Projekts war es, den aktuellen Ist-Zustand der Kalbinnenaufzucht festzustellen und daraus Ableitungen und Empfehlungen für jeden Betrieb zu gewinnen. Das vorrangige Ziel war es nicht, das EKA auf den Betrieben zu senken oder zu erhöhen. Es sollte festgestellt werden, ob das zurzeit am Betrieb erreichte EKA zu den Gewichten der Tiere passt.

Mit Hilfe der Auswertungen wird deutlich, wo sich das aktuelle Gewicht der Kalbinnen (zu jedem Zeitpunkt der Aufzucht) im Vergleich zum optimalen Gewicht (nach Erstkalbealter) befindet. So können Potenziale in den einzelnen Aufzuchtphasen schnell festgestellt werden.

Durchführung des Projekts

Im Rahmen des Projekts wurden 4.799 Gewichtsmessungen durchgeführt.

Da eine Gewichtskontrolle mittels Waage auf den Betrieben in der Regel schwer möglich ist, wurde mit Hilfe eines Gewichtsmaßbandes gemessen.

Ergebnisse aus dem Projekt

Die Auswertungen zeigen deutliche Unterschiede im Management und im Futterangebot bzw. in der vorherrschenden Futterqualität auf. Es konnten auch Unterschiede zwischen einzelnen Tieren eines Betriebs festgestellt werden. Daraus kann abgeleitet werden, dass für jedes einzelne Tier gesondert der individuelle Besamungszeitpunkt zu finden ist. Dies wird nur durch eine tierindividuelle Wiegung/Messung möglich.

Um eine Aussagekräftige Auswertung aller Messungen durchführen zu können wurden die Betriebe in 3 Gruppen eingeteilt.

Gruppenbeschreibung

Gruppe 1: EKA bis 28 Monate

Diese Gruppe erreichte im Durchschnitt ein EKA von 26,9 Monaten. Somit wird ein Niveau erreicht, welches auch bei den wirtschaftlichen Auswertungen anderer Studien als optimal genannt wird. Die einzelnen Messungen wiesen im Zeitverlauf die geringsten Streuungen auf. Daraus lässt sich ableiten, dass in diesen Betrieben die Aufzucht nach einem fest etabliertem Schema abläuft. Es werden kaum Kalbinnen zu früh oder zu alt besamt.

Gruppe 2: EKA von 28 bis 32 Monaten

Hier erreichte der Durchschnitt ein EKA von 29,9 Monate. Im Vergleich mit dem durchschnittlichem EKA aller LKV Betriebe in Salzburg von 31,6 Monaten, liegt diese Auswertungsgruppe unter dem Salzburger Durchschnitt. Besonders auffällig in dieser Gruppe sind die Gewichtsschwankungen, die sowohl über als auch unter dem zum jeweiligen Zeitpunkt optimalen Gewicht liegen. Bis zu einem Alter von ca. 20 Monate sind mehr Tiere über dem Idealgewicht. Zwischen 20 und 24 Monate ist die Verteilung relativ gleichmäßig. Ab dem 24. Monat ist der Großteil der Tiere unter dem Idealgewicht. Wichtig ist es, die Tiere immer möglichst im Idealbereich zu halten. Betriebe ohne Alpung des Jungviehs erreichen die Empfehlungen eher.

Gruppe 3: EKA über 32 Monate

Diese Gruppe weist mit 34,8 Monaten das höchsten EKA auf. In dieser Gruppe fällt auf, dass die Tiere ab dem 5 Monat vermehrt unter dem Idealgewicht (Idealgewicht wurde immer auf das Durchschnittsalter der jeweiligen Gruppe gerechnet) zu finden sind (früher Weide- oder Almauftrieb). Ab dem 14. Monat und bis zum ca. 25. Monat sind mehr Tiere über dem Idealgewicht zu finden. Ab ca. 26. Monaten sind wieder mehr Tiere unter dem für das EKA von 35 Monaten entsprechenden Idealgewicht. In dieser Gruppe ist die Streuung auch sehr groß. Dies bedeutet, es könnten Tiere zum Teil sehr viel früher besamt werden, da sie schon ihr optimal Gewicht erreicht haben. Es sind jedoch auch Tiere unter dem Idealgewicht, diese Tiere sollten nicht noch später besamt, sondern bedarfsgerechter versorgt werden.

Die drei Phasen der Aufzucht

Die Aufzucht gliedert sich in drei Abschnitte

Phase 1: Geburt bis ca. 6 Monate

Am Ende dieser Phase müssen die Kälber ihr optimales Gewicht von ca. 200 Kilogramm erreicht haben. Dieses Zielgewicht kann nur durch eine optimale Versorgung der Kälber erreicht werden. Die im Projekt erhobenen Daten zeigen, dass dieses Ziel vom Großteil der teilnehmenden Betriebe erreicht worden ist. Natürlich gibt es auch Ausreißer nach unten, vor allem bei zu frühem Weide- oder Almauftrieb. Ist dies der Fall, müssen im Bereich Kälberfütterung und Management Verbesserungen angestrebt werden. Von großer Bedeutung ist die Ad Libitum Tränke, das frühe Angebot von Kälberheu, Kraftfutter und die damit verbundene optimale Nährstoffversorgung in dieser Zeit.

Phase 2: 6 Monate bis zur Besamung

Zu Beginn dieser Phase muss darauf geachtet werden, dass die Energiekonzentration in den eingesetzten Futtermitteln an das angestrebte Erstbesamungsalter angepasst wird. Jungtiere dürfen in dieser Zeit nicht zu fett werden, da es zum Verfetten des Eutergewebes und der Fortpflanzungsorgane kommen kann. In diesem Abschnitt kann die Gewichtszunahme der Kalbin an das angestrebte Erstbesamungsalter angepasst werden.

Phase 3: Besamungszeitpunkt bis zur Kalbung

Diese Phase beginnt mit der Besamung. Die Besamung sollte bei einem Gewicht von ca. 60 bis 65% des Endgewichts des Tieres erfolgen. Von der erfolgreichen Besamung bis zur Kalbung bleiben 285 Tage in der die Kalbin ihr Endgewicht erreichen muss. Somit sollte die durchschnittliche Tageszunahme in dieser Phase unabhängig vom angestrebten EKA 710 bis 750 g betragen. Sehr extensive Weiden oder schwache Almen sind für hochträchtige Kalbinnen mit ohnehin schlechter Körperkondition nicht geeignet. Mit der Kalbung endet die Aufzuchtphase. 

Autor: Ignaz Lintschinger

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